Jobcenter will erneut hoheitliche Aufgaben in private Hände geben.
Schuldnerberatung steht geplanter neuer Auszahlungsform der Jobcenter kritisch gegenüber.
Bargeld für Sozialleistungsberechtigte soll es nach der Vorstellung der Bundesagentur für Arbeit ab dem Jahr 2018 auch an der Supermarktkasse geben. Die Landesarbeitsgemeinschaft der Schuldner- und Insolvenzberatung Brandenburg e.V. (LAG) steht diesem Plan kritisch gegenüber. Durch die geplante Auszahlung von Sozialleistungen an der Supermarktkasse kann es zur Stigmatisierung von Sozialleistungsberechtigten kommen. Gleichzeitig werden Sozialdaten gegenüber unberechtigten Dritten offenbart und es wird erneut eine hoheitliche Aufgabe in private Hände übertragen.
Wenn für Sozialleistungsberechtigte in dringenden Fällen eine Barauszahlung nötig ist oder Berechtigte ohne Konto Bargeld erhalten müssen, dann soll dieses ab dem kommenden Jahr über ein Couponsystem an der Supermarktkassen ausgezahlt werden. Die bisherige Auszahlung über einen Kassenautomat im Jobcenter soll aus Kostengründen abgeschafft werden. Bargeldabhebungen an der Supermarktkasse sind aber üblicherweise nur mit der eigenen Kontokarte möglich. Selbst wenn die Auszahlung über einen Coupon mit Barcode, ohne Logo der Bundesagentur für Arbeit, abgewickelt wird, ist es für jeden wartenden Kunden oder für den Kassierer ersichtlich, dass es sich um einen Sozialleistungsberechtigten handelt. Die LAG hält das geplante Couponsystem auch für nicht in Übereinstimmung zu bringen mit den Sozialgesetzbüchern (SGB). Im SGB II und SGB III gibt es einen Anspruch auf Geldleistungen. Dieser kann nur in bestimmten Fällen auf Sachleistungen, wie z.B. Gutscheine, eingeschränkt werden, wenn z.B. Sanktionen verhängt wurden oder der Berechtigte offensichtlich nicht in der Lage sei mit dem zur Verfügung stehenden Geld zu haushalten. Eine Auszahlung von Geldleistungen über Gutscheine bei einer akuten Notlagen oder weil jemand kein Konto hat, ist im SGB nicht vorgesehen. Das SGB bestimmt vielmehr, dass die Jobcenter selbst die nötigen Dienste für ihre Leistungen bereithalten müssen.
Bereits im Jahr 2016 hat die Bundesagentur für Arbeit eine hoheitliche Aufgabe an privatwirtschaftliche Dritte übertragen, indem Sie Inkassoinstitute mit der Einziehung von alten Forderungen beauftragt hatte. Mit der Auszahlung von Sozialleistungen über den Dienstleister Cash Payment Solutions wird erneut eine staatliche Aufgabe, allein aus Kostengründen, an einen privaten Dienstleister übertragen. Wieviel diese Dienstleistung kostet, wird aus Vertragsgründen aber nicht durch die Bundesagentur preisgegeben, lediglich die geplante Einsparung über den Wegfall der Kassenautomaten wird genau mit 3,2 Millionen Euro beziffert.
Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Andrea Voßhoff war an den Planungen nicht beteiligt und erfuhr erst durch die Presse vom Plan der Bundesagentur für Arbeit . Sie sieht auf „jeden Fall eine Datenschutzproblematik“. So wird sie auch zu prüfen haben, ob das geplante Verfahren mit den Vorschriften zum Datenschutz im SGB X in Übereinstimmung zu bringen ist.
Die LAG begrüßt, dass die Bundesagentur für Arbeit neue, zeitgemäße Wege sucht um ihr Dienstleistungsangebot zu verbessern. Dieses darf aber nur ergänzend und nicht ersetzend zu den klar definierten Aufgaben der Jobcenter geschehen, muss im Einklang mit dem Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung stehen und darf in keinem Fall eine Stigmatisierung von Sozialleistungsberechtigten fördern.